Bedingungslose Liebe

Alles ist erfunden oder gefundenes Frass, wie auch immer. Hunde fressen auch aus dem Fressnapf. Es ist ein fressen oder gefressen werden. Und wenn man sich nicht beeilt, dann zieht man den Kürzeren. Am kürzeren Hebel sein ist nicht gerade lustig und an der Leine gezogen werden schon gar nicht. Aber wenn sie dich frei lässt, würdest du nur Unfug betreiben.

Es ist so, wenn man Engelsflüge hat, dann ist man privilegiert, dann gehört man zu den Guten und Starken. Aber du? Du bist nur unerzogen und ein Marotten Liebhaber. Ja, Marotten, wer hat sie schon nicht? Die sieben Zwerge hatten auch welche und die Rosamunde Pilcher bestimmt auch. Und wie hiess sie noch? Die, mit dem schönen Namen und den vollen Lippen; die, mit dem verlorenen Herzen und den langen, schwarzen Haaren. Sie trug stets ihr Herz auf der Zunge und hatte vor nichts und niemanden Angst. Ein ehrlicher Mensch eben, eine treue Seele. Von denen gibt’s Wenige auf unserer Welt, man müsste sich ein Beispiel nehmen.
 
Sara Jane hiess sie, und sie hatte die Gabe mit den Tieren zu sprechen. Sie besass keine Furcht, sondern war von Mut und Kühnheit geprägt. Sie jagte Vögel und sprach mit den Wölfen, ja, mit Wölfen, denn sie konnten so schön heulen, und dieser klägliche Gesang konnte bis zu ihr Herz vordringen und sogar durchbohren, sodass sie manchmal Stunden lang einfach nur da lag und ihnen zuhörte. Ja, auch sie hatte ihre Marotten. Sie besuchte jeden Sonntag die Messe, und sie trug stets ein Hut. Mal ein blauer, mal ein gelber, mal ein roter, mal ein blumiger, mal ein farbenfroher, mal einfach ein ganz schöner. Hauptsache ein Hut. Und egal ob es Winter, Frühling, Sommer oder Herbst war, ohne Hut ging sie nie aus dem Haus. Aus welchem Grund auch immer. Vielleicht wollte sie ihre Augen vor fremden Blicken schützen oder Blicke auf ihr rundes, volles Gesicht vermeiden. Vielleicht trug sie ein Hut nur aus Gewohnheit, weil sie sich damit sicherer fühlte. Denn es schien ja nicht immer die Sonne. Sogar bei Regen setzte sie ein Hut auf, dass sah manchmal schon eigenartig aus, vor allem wenn es draussen stürmte, grau und nass war. Man ging bei solchem Schmuddelwetter auch nicht nach draussen, aber sie schon, man sah sie manchmal mit Hut und Schirm spazieren, vor allem wenn sie auf den Friedhof ging, um ihren Mann einen Gruss abzugeben. Oder, im Winter, wenn es schneite und kalt war. Sie war eben anders als alle anderen, das machte sie aus. Und ihr Stolz, den sah man von Weitem. Sie fiel ständig aus der Reihe. Sie war so, wie sie niemand haben wollte und doch so, wie jeder sein wollte. Sie war ein Leben voller Gegensätze und Widersprüche, dennoch eine Frau mit Herz und Verstand. Sie trug ihr Herz am rechten Fleck.
 
Sie würde mit dir bei Vollmond tanzen, sie würde mit dir auf ein Boot sitzen und hinaus paddeln und um Mitternacht nackt im Fluss schwimmen. Sie würde mit dir die Sterne einfangen und dir die Sterne vom Himmel holen. Sie würde mit dir im Kreis tanzen, zu Gott beten und mit Gott schlafen. Sie würde die Zeit anhalten, wenn sie könnte, damit du nie alt wirst; sie würde dir Küsse stibitzen und mit dir sogar Pferde stehlen. Mit Hut, mit einer Prise Humor und Melancholie.
 
Denn du bist für sie wie das Salz in der Suppe, wie das Zucker im bitteren Leben, wie die Heilung eines unüberwindbaren Schmerzens. Wie eine Brücke, die Tore und Türe öffnet, für neue Möglichkeiten. Wie die Luft zum Atmen. Wie die Sonnenstrahlen, die deine Haut berühren. Wie die Sterne, die hoch oben am Himmel funkeln. Wie die Erde, die ihre Früchte trägt. Oder wie Sonnenglut, die ihr Herz erwärmt, wenn sie an dich denkt. Ein entfernter Planet, der sich lohnt zu entdecken. Und sie liebt dich über alles. Bedingungslos. R.R.

                                                                                                                     


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