DER NACHTIGALL UND DER MATROSE

Der Nachtigall, der einzige Vogel, der ausschliesslich in der Dämmerung und in der Nacht zu hören war, saß jeden Abend auf seinem Ast und sang sein melancholisches Liebeslied. Dabei ging es um ein Matrose, der bestimmt war, seine Liebste zurückzulassen, weil er auf die See stechen musste. Der Abschied fiel ihm jedes Mal schwer und brach ihm das Herz. Vom Deck aus sah er sie weinen, während das Schiff langsam vom Hafen ablegte.

Monate lang segelte er auf das offene Meer und vermisste seine Liebste sehr. In der Nacht lag er allein auf seinen Kajüten Bett und dachte an sie. Er schrieb ihr lange Liebesbriefe, damit sie die Hoffnung nicht verlor, dass er eines Tages wieder zurückkehren würde.

Der Nachtigall, der einzige Vogel, der ausschliesslich in der Dämmerung und in der Nacht zu hören war, saß auf seinem Ast und sang sein trauriges Liebeslied. Dabei ging es um ein Matrose, der auf seinem Dampfschiff schuften musste, bis seine Hände wund waren und schmerzten. Doch die Liebe zu seiner Frau verlieh ihm neue Kraft und neuen Mut, nicht aufzugeben.

Er schaute Stunden lang dem Horizont entgegen, während die Sonne unterging und das Meer in feurige Farben tünchte, bis sie ineinander schmolzen, und der Himmel in rote Glut auslief. So fühlte sich auch seine Liebe an, dachte er, wie dieses Flammenmeer aus glühendroten Farben. Und jeden Abend, bevor er zu Bett ging, zündete er eine Kerze an und dachte an sie, an ihre samtweiche Haut, ihre vollen Rundungen und ihren blauen Augen, die die Farbe des Ozeans hatten.

So ging die Nacht wieder zum Tag über, bis das Spiel wieder von vorne anfing, und er vor Langweile fast starb.

Wie er sich betrunken an Deck vor Liebeskummer krümmte, und zusammen mit seinen Kumpanen, ein Matrosenlied krächzte, während er Halt suchte, um nicht umzufallen, bis in den frühen Morgenstunden. Und der Nachtigall, der einzige Vogel, der in der Nacht sein erbärmliches Liebeslied sang, leistete ihm Gesellschaft.

Auch an dem Tag seiner Ankunft, als alle Matrosen jubelten und schrien, weil sie endlich am Zielhafen waren, und die Taue des Schiffs an Ankerpfähle festgemacht wurden, stand der verliebte Matrose an Deck und der Nachtigall festkrallend auf seine Schulter.

Er hielt Ausschau nach der jungen Frau, mit den langen, weizenblonden Haaren und den blauen Augen. Sie lehnte an einem Pfosten und winkte ihm rührend zu. Sie strahlten sich an, bevor er, als einer der Letzten, das Schiff verliess. Er rann zu ihr, und als er sie endlich erreicht hatte, nahm er seine Matrosenmütze ab und küsste sie leidenschaftlich und voller Sehnsucht. Ein unbeschwertes Lächeln, bevor sie Hand in Hand ihrem gemeinsamen Liebesglück entgegenliefen.

Noch heute singt der Nachtigall im Lichtschein des Mondes sein Liebeslied, das von einem Matrosen erzählt, der seine Liebesgunst für sich gewonnen hat. Mit viel Herzblut und freundliche Zustimmung, segelt er keck davon und freut sich auf sein nächstes Liebesabenteuer. R.R.



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