IN DEINER GEGENWART
In deiner Gegenwart fühlt sie sich nackt, während dein Blick auf sie ruht. Es ist, als ob ihr euch liebt, ohne euch zu berühren. In deiner Präsenz schämt sie sich dafür, wie eitel und zerbrechlich sie geworden ist, und es ist schwierig, diese Scham von sich abzuschütteln. Ohne Worte geht es nicht, wenn man sich näherkommen will. Und es ist gefährlich, in einem intimen Moment die richtigen und passenden Worte zu finden, ohne dass Giftpfeile unabsichtlich abgeschossen werden. Dieses Gift ist wie eine tödliche Injektion, dass die Seele langsam ersterben lässt.
In deiner Gegenwart ist sie ein glücklicher Mensch, weil sie zu oft ihrem Schicksal überlassen wurde. Ein bohrender Schmerz macht sich in ihrer Brust breit, die Enttäuschung versagt zu haben ist groß. Du ahnst nicht, wie viele Stunden sie in der Stille und Einsamkeit verbracht hat. Sie zählt die Stunden, die Tage und die Jahre nicht mehr, bis sie dich wiedersieht. Es kommt ihr vor wie eine Ewigkeit. Und wenn du da bist, ist es für sie wie eine unerwartete Überraschung, eine süße Bescherung. So verlasse sie nicht und bleib bei ihr, solange du kannst; sie braucht dich, wie der Sauerstoff zum Atmen.
Wie blind könnte sie denn sein, um deine unfassbare Schönheit nicht zu sehen, wie taub könnte sie denn sein, um deine unverkennbare Stimme nicht zu hören, wie stumm könnte sie denn sein, um ihre verzweifelte Liebe nicht einzugestehen. Und wenn sie einen Gedanken aussprechen könnte, dann würde sie dir sagen, wie sehr sich dich begehrt und wie viel du ihr bedeutest. Es sind bekanntlich die Kleinigkeiten, die zusetzen und aufregen. Doch in deiner Gegenwart fällt jede Last von ihrer Schulter. Erleichtert schaut sie dich an und blinzelt verlegen.
Und dann dieser flüchtige Moment, zwei Blicke, die die Zeit berühren und anhalten. Ein magischer Moment, in dem zwei Gedanken zu einem verschmelzen, ein verbotener Gedanke, den das Leben ihnen vor Augen führt. Eine Geschichte, die es nie geben kann, weil beide zwei unterschiedliche Leben führen, zwei Wege, die von weit herkommen, aber so unterschiedlich sind, wie die Ebbe und Flut. Und so lächeln sie sich einfach nur an, denken an das Unvorstellbare und halten an diesem Moment des puren Leichtsinns fest.
Sie möchte für immer an deiner Seite sein, unvergessliche Momente mit dir teilen, mit dir davonlaufen, um ein schmerzhaftes Leben voller Hindernisse hinter sich zu lassen. Aber irgendetwas hält sie zurück, sie weiß, dass sie nicht mehr so schnell laufen kann wie früher, sie weiß, dass die Zeit sie in einen Zauber tiefen Schmerzes hüllt, dem sie nicht mehr entkommen kann. Aber mit ihrer Fantasie kann sie immer noch weit kommen, durch die grünen und duftenden Felder der Vergangenheit rennen, das Leben eines sorglosen und süßen Mädchens begreifen, dass sie einmal war, und sich niemals den Ungerechtigkeiten des Lebens beugen.
Sie möchte die Zeit
anhalten, damit du zu ihr rennen und sie fest umarmen kannst, um sie nah an
deinem Herzen zu halten. Denn in deiner Gegenwart verschwindet alle Angst, die
Maske der Scham fällt und lässt Raum für die Frau, die sie ist, die Frau, deren
Träume noch aufgeweckt und gegenwärtig sind, mit der Hoffnung, dich in
jedem Moment ihres Lebens noch einmal erleben und lieben zu können. Ein
silberner Faden, der ihr Herz umhüllt und für dich schlägt. Sie trägt es auf
Händen und überreicht es dem Himmel, damit es unter den unzähligen von Sternen
leuchten kann. Jetzt und für immer. R.R.

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